Nutzungsentschädigung für Pkw
OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.07.2018 – Az. 4 WF 73/18 – §§ 987, 988, 1361 a BGB
NZFam 2018, Seite 902
- Bei dem einzigen einer Familie zur Verfügung stehenden und auch gemeinschaftlich genutzten Kraftfahrzeug handelt es sich regelmäßig um einen Haushaltsgegenstand iSd § 1361 a BGB.
- Vor Trennung der Eheleute wird ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für einen Haushaltsgegenstand ungeachtet der konkreten Eigentumsverhältnisse regelmäßig vom wechselseitigen Recht der Eheleute auf kostenfreie Nutzung überlagert. Nach Trennung setzt ein Entschädigungsanspruch aus § 1361 a Abs. 3 Satz 2 BGB eine vorübergehende Zahlungsaufforderung voraus.
Häufig wird bei einer Trennung um die Nutzungsentschädigung eines Hauses/Wohnung gestritten bzw. entsprechend bei Unterhaltsberechnungen mitverrechnet. Die Nutzung eines Pkw, bzw. eine Nutzungsentschädigung für die Nutzung eines Pkw ist dagegen selten Gegenstand von Auseinandersetzungen. Dies hängt wohl damit zusammen, dass viele Familien nicht nur einen Pkw haben. Zu klären ist zunächst, ob ein Pkw ein Haushaltsgegenstand ist. Unabhängig von den Eigentumsverhältnissen ist ein Pkw dann ein Haushaltsgegenstand, wenn er der einzige Pkw der Familie ist, der auch von der Familie gemeinsam genutzt wird und insbesondere für die Familie genutzt wird.
Weiterhin sind natürlich die Eigentumsverhältnisse an dem Pkw, auch wenn er zu den Haushaltsgegenständen gehört, zu klären, da sich danach bestimmt, ob überhaupt ein Nutzungsentschädigungsanspruch besteht, ob eine Nutzungsentschädigung in voller Höhe besteht oder nur in Höhe des Hälftewertes. Die Bestimmung der Eigentümerlage ist nicht immer einfach. Alleineigentümer ist nicht schon, wer im Kaufvertrag als Käufer bezeichnet wird. Dies ist nur ein Indiz. Selbiges gilt für Eintragung im Kfz-Brief/Zulassungsbescheinigung II. Indizien sind weiterhin, wer z. B. die laufenden Kosten getragen hat, wer sich um Wartung und Pflege gekümmert hat, wer einen Führerschein hat etc. Kann jeder für sich bestimmte Kriterien auf sich vereinen, wird regelmäßig Miteigentum anzunehmen sein.
Wenn dann ein Ehegatte nach der Trennung ein solches Fahrzeug alleine nutzt, besteht grundsätzlich ein Nutzungsentschädigungsanspruch gemäß § 1361 a Abs. 3 Satz 2 BGB. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Antrag auf gerichtliche Zuweisung des Pkw geltend gemacht wird und derjenige, der das Fahrzeug nutzt, aufgefordert ist, bis zur Zuweisung vorübergehend eine Nutzungsentschädigung zu bezahlen. Ohne diese Voraussetzungskriterien ist ein Nutzungsentschädigungsanspruch nicht durchsetzbar. Während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft gibt es ohnehin keine Entschädigungsansprüche, da das eheliche Zusammenleben insoweit derartiges „überlagert“. Nach der Trennung ist ein Nutzungsentschädigungsanspruch möglich, aber nur, wenn die oben genannten Voraussetzungen vorliegen.
Ist z. B. auch ein Ehegatte damit einverstanden (ohne Entschädigung oder im Rahmen einer Vereinbarung oder Duldung), dass der Pkw vom anderen Ehegatten nach der Trennung alleine genutzt wird, kann er nicht isoliert eine Nutzungsentschädigung geltend machen. Wenn aber – wie gesagt – die Voraussetzungen vorliegen (Antrag auf Pkw-Zuweisung und Aufforderung Nutzungsentschädigung zu bezahlen), besteht ein Nutzungsentschädigungsanspruch wohl in Höhe der Tabellenbeträge der sogenannten Nutzungsausfallentschädigungstabelle nach Sanden/Danner/Küppersbusch. Dort werden für Unfallszenarien Nutzungswerte für verschiedenste Pkw-Größen von Nutzungsgruppen A bis L eingeordnet, dies von ca. 20 € bis hin zu 200 €. Danach bestimmt sich dann auch eine Nutzungsentschädigung im Rahmen einer familiengerichtlichen oder einvernehmlichen Festlegung.
Für die Praxis bedeutet dies, dass zunächst geprüft werden muss, ob es sich um einen Haushaltsgegenstand handelt, wenn nicht, handelt es sich um den Vermögensbestandteil eines Ehegatten und ist von ihm alleine zu nutzen ohne dass es einen Nutzungsentschädigungsanspruch gibt. In diesen Fällen wird dann der Pkw bei der Auseinandersetzung mit seinem Wert beim jeweiligen Ehegatten im Zugewinn als Vermögensposition berücksichtigt. Handelt es sich um einen Haushaltsgegenstand, ist dringlich zu raten, zum einen den anderen zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung aufzufordern. Damit tut er kund, dass er nicht damit einverstanden ist, dass der andere den Pkw alleine fährt. Zudem muss gleichzeitig ein Antrag auf gerichtliche Zuweisung des Pkw geltend gemacht werden. Bevor ein gerichtliches Verfahre eingeleitet wird, sollt man jedoch außergerichtliche Einigungen anstreben.
Nutzungsentschädigung für Wohnung
BGH, Urteil vom 11.07.2018 – Az. XII ZR 108/17 – §§ 242, 291, 426 Abs. 1, 743 Abs. 2, 745 Abs. 2, 748, 755, 812 Abs. 1 Satz 2 BGB
NZFam 2018, Seite 901, FamRZ 2018, Seite 1517
Nutzt ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Duldung des anderen das im hälftigen Miteigentum beider stehende Haus nach der Trennung weiterhin, und trägt er wie bisher die Lasten, ohne zu erkennen zu geben, einen hälftigen Ausgleich geltend machen zu wollen, und ohne dass der andere Partner ihm ein Nutzungsentgelt abverlangt, so ist sein Ausgleichsanspruch in Höhe des hälftigen Nutzungswerts des Anwesens beschränkt.
Auch diese Entscheidung des BGH handelt von Ausgleich für gezogene Nutzungen eines gemeinschaftlichen Vermögensgegenstandes. Hier geht es um die Nutzungsentschädigung für die Nutzung eines im hälftigen Miteigentum stehenden Hauses/Wohnung. Auch hier gilt der Grundsatz, dass derjenige, der Miteigentum des anderen nutzt, von dem anderen auf Nutzungsentschädigung in Anspruch genommen werden kann. Dies gilt jedoch nur dann, wenn derjenige, der die Mitbenutzung aufgegeben hat, unverzüglich einen Nutzungsentschädigungsanspruch geltend macht, bzw. es kann ein Nutzungsentschädigungsanspruch erst realisiert werden ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung, z. B. durch nachweisbare schriftliche Aufforderung gegenüber dem anderen, wobei hier klar zum Ausdruck gebracht werden muss, dass die bisherige Nutzungsregelung (gemeinschaftliche Nutzung) beendet ist und eine neue Verwaltung des gemeinsamen Eigentums verlangt wird und dass dies finanziell auszugleichen ist.
Die Geltendmachung einer vollen Nutzungsentschädigung ist nur dann möglich, wenn zum einen ein Trennungsjahr abgelaufen ist (vorher angemessene Nutzungsentschädigung auf Verlangen unter Abänderung der bisherigen gemeinsamen Nutzungsregelung) und wenn das genutzte Objekt schuldenfrei ist. Wenn auf der anderen Seite der verbleibende Partner die gesamten Lasten trägt, übernimmt er insoweit auch die Hälfte der Lasten des anderen (Zins und Tilgung), mit der Folge, dass dann geprüft werden muss, ob zwischen den gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen im Verhältnis zum Nutzungswert noch in die eine oder andere Richtung Ausgleichsansprüche entstehen können. Verlangt z. B. der verbleibende Partner erst viele Monate/Jahre später Ausgleich in Höhe der hälftigen von ihm getragenen Verbindlichkeiten gemäß § 426 BGB (Zins und Tilgung), kann in diesen Fällen der andere seinen Nutzungsentschädigungsanspruch dagegen rechnen, auch wenn er ihn seinerzeit oder in der Zwischenzeit niemals geltend gemacht hatte. Im Wege der Verrechnung ist ihm die Geltendmachung der Nutzungsentschädigung auch in diesem Fall noch möglich.
Nach der wohl herrschenden Rechtsprechung ist diese Rechtslage nicht nur gültig für getrenntlebende Eheleute sondern auch für getrenntlebende nichteheliche Lebensgemeinschaften, egal ob gleichgeschlechtlich oder nicht.
Für die Praxis erscheint es jedoch wichtig, den Hinweis zu geben, dass der im Haus/Wohnung verbleibende Partner zur hälftigen Beteiligung des anderen Partners an den Hauslasten auffordert, dem weichenden Partner ist anzuraten, unverzüglich entsprechend Nutzungsentschädigungsansprüche geltend zu machen.
Unterhaltspflicht „Soziales Jahr“
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.04.2018 – Az. 2 UF 135/17 – §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 1, 1610 Abs. 2 BGB
FamRZ 2018, Seite 1314, FF 2018, Seite 366
- Zur Frage ob ein Kind während der Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres eine Anspruch auf Barunterhalt hat.
- Aufgrund der pädagogischen Ausrichtung des freiwilligen sozialen Jahres erscheint es vertretbar, auch für diese Zeit einen Ausbildungsunterhalt anzuerkennen (so auch OLG Celle, FamRZ 2012, Seite 995, andere Ansicht: OLG Karlsruhe, FamRZ 2012, Seite 1648).
Ob während der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch der volljährigen Kindes besteht, ist sehr umstritten. Die eine Auffassung lehnt einen Unterhaltsanspruch ab, wenn die Tätigkeit im freiwilligen sozialen Jahr nicht eine notwendige Voraussetzung für eine Ausbildung des Kindes ist (so z. B. OLG Karlsruhe, FamRZ 2012, Seite 1648; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 2 Rdn 489).
Dem steht z. B. die Rechtsauffassung des OLG Celle (FamRZ 2012, Seite 995) entgegen. Das OLG Celle hat auch während des freiwilligen sozialen Jahres einen Unterhaltsanspruch des Kindes als Ausbildungsunterhalt anerkannt, auch dann, wenn diese Tätigkeit nicht für weitere Ausbildungen erforderlich ist. Dies wurde damit begründet, dass nach dem Gesetz zur Förderung von Jugend-Freiwilligen-Diensten die am Gemeinwohl orientierte Tätigkeit auch das Ziel hat, für die Jugendliche soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln.
Nach Auffassung des OLG Frankfurt findet diese Rechtsauffassung auch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze, denn aus der Begründung des Gesetzes zur Förderung von Jugend-Freiwilligen-Diensten ergibt sich, dass der Jugend-Freiwilligen-Dienst neben der beruflichen Orientierung und der Arbeitserfahrung auch wichtige personale und soziale Kompetenzen vermitteln soll, die als Schlüsselkompetenzen auch die Arbeitsmarktchancen verbessern. Aufgrund dieser pädagogischen Ausrichtung des freiwilligen sozialen Jahres erscheint es daher nach Auffassung des OLG Frankfurt durchaus vertretbar, entgegen der wohl herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt auch für die Zeit eines freiwilligen sozialen Jahres im Grunde nach anzuerkennen.
Die Besonderheit im vorliegenden Fall war, dass das unterhaltsberechtigte Kind zum Zeitpunkt des Beginns des freiwilligen sozialen Jahres noch minderjährig war. Deshalb hat nach Auffassung des OLG Frankfurt das Kind den Schutz eines minderjährigen Kindes in Anspruch nehmen können, dies im Hinblick auf die gesteigerte Unterhaltsverpflichtung bei minderjährigen Kindern. Im vorliegenden Fall hatte dann auch noch der Vater der Mutter Vollmacht erteilt sämtliche Angelegenheiten des Kindes zu regeln, sodass dann auch die alleinige Zustimmung der Kindsmutter für das soziale Jahr ausreichend war.
Das OLG Frankfurt geht daher davon aus, dass das freiwillige soziale Jahr im weitesten Sinne auch der Berufsfindung des Kindes diente und einen Baustein für die künftige Ausbildung darstellt.
Das OLG Frankfurt hat hier sogar die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen, diese wurde jedoch nicht eingelegt. Somit bleibt die Frage der Unterhaltsverpflichtung während des freiwilligen sozialen Jahres ohne konkreten Bezug auf eine zukünftige Ausbildung letztendlich offen, da durch den BGH bislang nicht geklärt. Anzumerken sei noch, dass unter dem Begriff des Jugend-Freiwilligen-Dienstes nach § 1 Abs. 2 JFDG sowohl das freiwillige soziale Jahr (FSJ) und das freiwillige ökologische Jahr (FÖJ) fallen. Wegen der pädagogischen Ausrichtung des freiwilligen sozialen Jahres, die ihren Niederschlag in § 3 JFDG gefunden hat ist es zumindest vertretbar, dass eine Unterhaltspflicht in dieser Zeit dem Grunde nach bejaht wird. Auch in Zukunft wird jedoch diese Frage vermutlich von den Obergerichten sehr unterschiedlich gehandhabt, da wird es darauf ankommen, ob dieses freiwillige soziale Jahr in der Minderjährigenzeit schon begonnen wurde, inwieweit doch ein gewisser Zusammenhang zu einem späteren Beruf besteht, welche Argumentationen gebracht werden, warum das soziale Jahre eine Art Ausbildung darstellt etc. Eine gesicherte BGH-Rechtsprechung hierzu gibt es, wie gesagt, bislang nicht.
Veröffentlichung von Fotos von Kindern im Internet
OLG Oldenburg, Beschluss vom 24.05.2018 – Az. 13 W 10/18 – §§ 1628, 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB
FF 2018, Seite 417
Bei der Veröffentlichung von Fotos eines Kindes getrenntlebender gemeinsam sorgeberechtigter Eltern auf einer kommerziellen Zwecken dienenden Internetseite handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB.
Dass die Veröffentlichung von Fotos eines Kindes eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung ist, liegt auf der Hand. Im vorliegenden Fall hat die Bilder jedoch der zweite Ehemann des Kindsmutter ohne Einverständnis des Vaters (Kind aus erster Ehe) im Internet auf seiner Internetseite als Werbemittel veröffentlicht. Der Vater hat dann im Namen seiner Tochter begehrt, dass diese Bilder der Tochter von der Internetseite entfernt werden. Das Erstgericht – hier Landgericht – hat jedoch den Antrag abgewiesen, da der Vater nach Auffassung des Landgerichts nicht der alleinige Inhaber des Sorgerechts ist und daher über die Frage der Klage im Namen des Kindes entweder die Zustimmung der Kindsmutter gebraucht hätte oder eben im Rahmen des § 1628 BGB zunächst ihm die Alleinentscheidungsbefugnis zu dieser Frage vom Familiengericht hätte übertragen werden müssen. Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass der Vater nicht befugt ist, allein im Namen seiner Tochter gegen die unberechtigte und widerrechtliche Veröffentlichung vorzugehen, sondern nachdem es sich um eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung handelt, hätte der Vater zunächst sich vom Familiengericht die alleinige Entscheidungsbefugnis geben lassen müssen um gegen die unberechtigte Veröffentlichung gegen einen Dritten vorzugehen. Dass die Veröffentlichung von Bildern zu Werbezwecken der Zustimmung aller Sorgeberechtigten bedarf, war insoweit überhaupt nicht streitig, sondern der Vater hätte sich ausschließlich die Alleinentscheidungsbefugnis zur Klage gegenüber dem Betreiber der Internetseite (zweiter Ehemann der Frau) übertragen lassen müssen. In der Sache ist die Veröffentlichung von Bildern eines Kindes gegen den Willen beider oder eines Elternteils (nach Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis) immer rechtswidrig.
Facebook-Urteil
BGH, Urteil vom 12.07.2018 – Az. III ZR 183/17 – §§ 1922 Abs. 1, 307 Abs. 1, 307 Abs. 2 BGB
FamRZ 2018, Seite 1456
Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.
Mit Urteil vom 12.06.2018 hat der BGH letztinstanzlich darüber entschieden, dass auch ein Facebook-Konto auf die Erben übergeht. Diese Entscheidung ist keine rein familienrechtliche Entscheidung, ist jedoch auf für das Familienrecht/Erbrecht von Bedeutung, da es im vorliegenden Fall um ein 15 Jahre altes Mädchen ging, welches verstorben ist und dann darüber gestritten wurde, ob die Eltern als Erben ein Zugriffsrecht auf das Facebook-Konto haben oder nicht. Das LG Berlin hatte der Klage der Eltern auf Zugriff stattgegeben, das KG Berlin hat dem widersprochen, der BGH hat die erstinstanzliche Entscheidung letztendlich wiederaufleben lassen.
Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das Facebook-Konto zum sogenannten „digitalen Nachlass“ gehört und daher auch zur Erbmasse gehört und damit, dass die Rechte und Pflichten von Facebook gegenüber dem verstorbenen Kind nicht höchstpersönlicher Natur waren, sondern lediglich Facebook die Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat. Ohne jetzt die einzelnen Begründungen hier wiederzugeben hat der BGH keinen Verstoß gegen das sogenannte Fernmeldegeheimnis gesehen (anders noch das KG Berlin). Der BGH hat der sogenannten Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ein höheres Gewicht beigemessen als Art. 10 Abs. 1 GG (informationelle Selbstbestimmung).
Nicht entschieden hat der BGH, ob und inwieweit der sogenannte „Provider“ und andere Akteure in der digitalen Welt durch allgemeine Geschäftsbedingungen die Vererblichkeit ausschließen können. Auch hier wird es wohl so sein, dass allein durch allgemeine Geschäftsbedingungen eine solche Klausel unwirksam ist, wenn jedoch Vertragspartner, d. h. Erblasser und „Provider“ eine individuelle Vereinbarung getroffen haben, dass der digitale Nachlass nicht vererblich ist, so wird man sich daran halten müssen. Dies war zwar im vorliegenden Fall nicht gegeben, trotzdem gilt insoweit auch weiterhin der Grundsatz der Vertragsfreiheit.
Grundsätzlich war und ist es ja auch nicht einzusehen, warum z. B. das Tagebuch eines verstorbenen Kindes auf die Eltern als Erben übergeht, hingegen nicht der Facebook-Account. Dementsprechend hat der BGH sehr praxisnah entschieden.
Verwirkung von Unterhalt/Prozessbetrug
OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.08.2018 – Az. 3 UF 92/17 – § 1579 Nr. 3 BGB
FF 2018, Seite 321
Das bewusste Ableugnen von Einkünften mit dem Ziel der Erlangung unrechtmäßigen Unterhalts durch den Unterhaltsberechtigten kann zur Verwirkung des Trennungsunterhaltsanspruchs führen.
Im vorliegenden Fall hat die Ehefrau, wie auch im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst behauptet, dass sie über kein eigenes Einkommen verfügt. Nachdem der Ehemann dies unter Beweisantritt bestritten hat, hat sie schließlich eingeräumt, doch monatlich 450 € zu verdienen.
Nach Auffassung des OLG Oldenburg ist der Trennungsunterhaltsanspruch der Ehefrau jedenfalls für den Zeitraum bis zur Offenbarung eines Verdienstes verwirkt. Ob auch darüber hinaus eine Verwirkung für zukünftigen Unterhalt vorlag, hatte das OLG nicht zu entscheiden gehabt.
Das OLG Oldenburg führt jedoch aus, dass ein solches Fehlverhalten (Verschweigen von Unterhalt) ein versuchter oder vollendeter Verfahrensbetrug zum Nachteil des Unterhaltspflichtigen sein kann. Die Beteiligten eines Unterhaltsrechtsstreits sind bereits gemäß § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet, sich vollständig und wahrheitsgemäß zu den tatsächlichen Umständen zu erklären. Deshalb sind Einkommens- und Vermögensverhältnisse grundsätzlich ungefragt, richtig und vollständig mitzuteilen. Das Ableugnen des Verdienstes diente auch dem Ziel der Erlangung unrechtmäßigen Unterhalts. Verwirkungstatbestände müssen natürlich immer an der Frage der Billigkeit und möglicherweise der Betreuung von minderjährigen Kindern gemessen werden. Dies soll jetzt nicht Gegenstand der hiesigen Besprechung sein. Das OLG jedenfalls hat im vorliegenden Fall das Verschweigen der Einkünfte unter den § 1579 Nr. 3 BGB eingeordnet. Entscheidend war wohl, dass die Antragstellerin im vorliegenden Fall auch während des Verfahrens falsche Angaben gemacht hat, obwohl sie zu wahrheitsgemäßen Angaben nach § 138 ZPO verpflichtet ist und somit auch einen Prozessbetrug gegenüber dem Gericht begangen hat. Nicht nur gegenüber dem Unterhaltspflichtigen.
Das Gericht hat es als erwiesen angesehen, dass ein Verwirkungstatbestand wegen schweren vorsätzlichen Vergehens oder Verbrechens gegen Unterhaltsverpflichteten nachgewiesen wurde (§ 1579 Nr. 3 BGB).