Volljährigenunterhalt

Häufige Fragen von Eltern zum Thema des Volljährigenunterhaltes:

 

  1. Wann haben Eltern einen Anspruch auf Auskunft über den Fortgang des Studiums?

    Grundsätzlich gibt es im Unterhaltsrecht das Auskunftsrecht des Unterhaltspflichtigen gegen den Unterhaltsberechtigten zu seinen (finanziellen) Umständen alle zwei Jahre. Dieses Auskunftsrecht muss vom Unterhaltsverpflichteten aktiv geltend gemacht werden. Aus dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beim Volljährigenunterhalt gibt es jedoch weítergehende umfangreiche Kontrollrechte der Eltern. Der Unterhaltsverpflichtete kann die Vorlage von Zeugnissen, Zwischenprüfungen und anderweitigen Leistungskontrollen, die sich aus dem Studienplan des jeweiligen Studiums ergeben, abverlangen. Dies neben dem berechtigten Belegvorlageanspruch alle 6 Monate hinsichtlich einer Studienbescheinigung/Immatrikulationsbescheinigung. Jedem Unterhaltsverpflichteten ist anzuraten, von seinem Kontrollrecht auch Gebrauch zu machen. Aus der Verpflichtung, eine Ausbildung zu finanzieren, ergibt sich korrespondierend das Recht der Eltern zu einer informativen Kontrolle der zielstrebigen Ausbildung, weshalb die Vorlage von Leistungskontrollen aus dem Studium neben den Studienbescheinigungen verlangt werden können.
  2. Was können Eltern tun, wenn Auskünfte/Belege nicht erteilt/vorgelegt werden?

    Weigert sich das Kind, die zurecht geforderten Belege vorzulegen, sind die Eltern berechtigt, den Unterhalt bis zur Beibringung der Nachweise zurückzubehalten (sogenanntes Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB; Wendl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 2, Rdn. 90; OLG Hamm, FamRZ 2013, Seite 1407). Zu dieser Rechtsauffassung gibt es jedoch auch die andere Ansicht, wonach ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Zwecks der laufenden Lebensbedarfsdeckung nicht geltend gemacht werden kann (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Auflage, Rdn. 285; OLG Bremen, FamRZ 2002, Seite 1189).

    Wegen der doch uneinheitlichen Rechtsprechung kann bei einem titulierten vollstreckbaren Unterhaltsanspruch nur empfohlen werden, bei Nichtbeachtung der Kontrollrechte Abänderungsklage auf Wegfall des Unterhalts wegen Verweigerung der Mitwirkungsverpflichtung zu erheben, anderenfalls droht Vollstreckung aus dem vollstreckbaren Titel – ein Gerichtsvollzieher prüft die fehlende Mitwirkungsverpflichtung nicht. Wenn Unterhalt ohne Titel bezahlt wird, ist auf jeden Fall zu empfehlen, die Unterhaltszahlung einzustellen. Wenn dann Unterhaltsklage erhoben werden sollte, kann die fehlende Mitwirkungsverpflichtung eingewandt werden.

    Legt das Kind dann ordnungsgemäß Studiennachweise vor, ist der Unterhalt auch nachzubezahlen. Verwirkung des Unterhalts tritt weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft dadurch ein. Ob man bei fehlender Mitwirkung erst die Einstellung der Unterhaltszahlung androht oder gleich einstellt, ist „Geschmacksfrage“, eine Notwendigkeit einer Androhung besteht nicht. Wie gesagt, dies gilt letztendlich nur bei Zahlung von Unterhalt ohne vollstreckbaren Titel, bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titels empfiehlt sich zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung die Abänderungsklage mit ggf. vorläufiger Einstellung der Zwangsvollstreckung. An dieser Stelle der folgende kurze Hinweis: Wenn ein vollstreckbarer Unterhaltstitel keine Beschränkung auf das 18. Lebensjahr hat, gilt ein solcher aus der Minderjährigkeit auch über das 18. Lebensjahr hinaus für den Volljährigenunterhalt.

  3. Wie lange müssen Eltern Unterhalt bezahlen?

    Die Ausbildung muss zielstrebig durchgeführt werden. Bei erheblicher Überschreitung der Regelstudienzeit entfällt der Unterhaltsanspruch. Ein Studierender hat grundsätzlich den für seinen Studiengang maßgeblichen Studienplan einzuhalten. Ihm ist allerdings ein gewisser Spielraum für die selbstständige Auswahl der angebotenen Lehrveranstaltungen und für den eigen-verantwortlichen Aufbau des Studiums zuzugestehen. Zugebilligt werden über die Regelstudienzeit und, falls sie länger ist, über die Förderungshöchstdauer nach BAföG hinaus noch 1 bis 2 (Fach-)Semester, im Einzelfall noch mehr, wenn die durchschnittliche Studienzeit des betreffenden Studiengangs erheblich über der Regelstudienzeit liegt (Stichwort: Bummelstudium, OLG FamRZ 1999, Seite 886). Eine längere Dauer verletzt die Obliegenheit des Studenten, die kostspielige Aus-bildung in kürzester Frist zu beenden und lässt den Unterhaltsanspruch entfallen, außer es liegen besondere Gründe, wie Krankheit, vor (OLG Hamm, FamRZ 2005, Seite 60 und Seite 1005). Die übliche Ausbildungsdauer – nicht die Mindeststudiendauer – stellt z. B. einen Maßstab dar. Einen Maßstab bietet auch die Höchstförderungsdauer nach § 15 a BAföG, die sich ihrerseits an der Regelstudienzeit des § 10 des Hochschulrahmengesetzes orientiert. Etwaige Verzögerungen und die Gründe hierfür hat das volljährige Kind darzulegen und zu beweisen. Wie gesagt, die Überschreitung der üblichen Studiendauer von ein bis zwei Semestern ist immer zu tolerieren.
  4. Darf das Kind die Studienrichtung wechseln und/oder eine Zweitausbildung machen?

Ein Studienwechsel wird ohne Einverständnis des Unterhaltspflichtigen in der Regel nur bis zum 2., allenfalls 3. Semester infrage kommen. Eine solche Orientierungsphase muss einem volljährigen Kind zugestanden werden. Eine weitergehende Ausbildung nach einem solchen Abbruch ist daher zu alimentieren.

Eine angemessene Ausbildung umfasst auch die Kosten einer Weiterbildung. Hierzu zählt nach gefestigter Rechtsprechung die Ausbildung zum Master nach dem Bachelorstudiengang (Grundstudium). Eine ggf. nachfolgende Promotion ist hingegen grundsätzlich nicht mehr „geschuldet“. Wenn das Kind „bummelt“ und seine Studienobliegenheiten verletzt, kann – wie bereits oben ausgeführt – die Unterhaltszahlung eingestellt werden. Auch besteht keine Unterhaltspflicht für ein sogenanntes Parkstudium, um Wartesemester für bestimmte Studiengänge zu erfüllen. Unterhalt ist jedoch in jedem Fall bei einem mehrstufigen Ausbildungsweg geschuldet, wenn zwischen den Ausbildungsinhalten ein enger, sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (z. B. Schule-Lehre-Studium). So ist anerkannt z. B. Abitur-Banklehre-Studium BWL/Jura. Zuletzt hat der BGH (BGH, FamRZ 2017, Seite 799/1132) einen Ausbildungsweg Schule-anästhesietechnische Assistentin-Medizinstudium akzeptiert, aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Weiterbildung/Zweitausbildung – insbesondere in höherem Alter des Kindes – immer auch daraufhin zu prüfen ist, ob ein Elternteil mit der Fortsetzung der Ausbildung rechnen konnte und durfte und ob die wirtschaftlichen Verhältnisse für die Eltern es zumutbar erscheinen lassen, eine solche Weiterbildung/Zweitausbildung zu finanzieren.

Eine Zweitausbildung (nicht zu verwechseln mit Weiterbildung) ist nur unter bestimmten Voraussetzungen geschuldet. Dies gilt z. B. wenn aus gesundheitlichen Gründen ein Berufswechsel notwendig ist (Hefeallergie eines Bäckers). Dies sind immer Einzelfälle.

 

  1. Muss sich ein Kind eigenes Einkommen anrechnen lassen?

    Eine Ausbildungsvergütung – etwa in einem dualen Studiengang – bei dem monatliche Zahlungen erfolgen, ebenso bei einer normalen Lehre –  sind unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen voll anzurechnen. Gelegenheitsjobs während eines Studiums zählen nicht dazu. Eine Verpflichtung, Nebenjobs während des Studiums anzunehmen besteht nicht. Hingegen besteht die Verpflichtung, BAföG-Leistungen – auch darlehensweise – in Anspruch zu nehmen. Unterlässt das volljährige Kind dieses, sind derartige Einkünfte fiktiv zuzurechnen. BAföG-Leistungen erhält natürlich nicht jedes Kind, welches sich in Ausbildung befindet. Das bestimmt sich nach den BAföG-Richtlinien.
  2. Übergang Minderjährigenunterhalt zu Volljährigenunterhalt

    Hier ist zu unterscheiden, ob der Unterhalt aufgrund eines Unterhaltstitels (Beschluss, Urkunde etc.) geschuldet ist oder ob kein Titel vorhanden ist. Der Anspruch auf Minderjährigenunterhalt und auf Volljährigenunterhalt ist ein sogenannter „identischer“ Unterhalt und setzt sich über die Minderjährigkeit hinaus grundsätzlich fort. Unterhaltsbeschlüsse etc., die aus der Zeit der Minderjährigkeit stammen, gelten fort. Aus diesem kann auch das volljährige Kind vollstrecken. Dies auch deshalb, weil derartige Titel zumeist nicht auf die Zeit bis zur Beendigung der Minderjährigkeit beschränkt sind, weil ein minderjähriges Kind auch grundsätzlich einen Anspruch auf unbefristete Titulierung des Unterhalts hat.

    Deshalb muss, wenn ein Titel besteht, bei Veränderung der Zahlungshöhe – insbesondere wegen des Eingreifens des sogenannten Quotenunterhalts – der Unterhaltspflichtige Abänderungsklage führen, wenn keine außergerichtliche Lösung möglich ist. Da in der Zeit der Klärung des Quotenverhältnisses ab Volljährigkeit ein „Schwebezustand“ besteht, kann bis zur Klärung der Unterhaltspflichtige seinen bisherigen Unterhalt als unterhaltsersetzendes Darlehen anbieten, um dann ggf. Rückforderungsansprüche zu haben, wenn sich nach Berechnung ein geringerer Unterhalt ergibt.

    Wenn kein Titel besteht, muss man das volljährige Kind auffordern, seinen Unterhaltsanspruch substantiiert darzulegen, d. h. das Kind ist verpflichtet, die Einkünfte und die dazugehörigen Belege vom anderen Elternteil zu liefern. Ggf. auch durch Auskunftsklage gegen den anderen Elternteil. Erfolgt das nicht, kann der Unterhaltsverpflichtete seinen Unterhalt mit der Volljährigkeit einstellen und abwarten bis das volljährige Kind die entsprechenden Auskünfte/Belege vorlegt. Insoweit verweise ich jedoch auf mein ausführliches Interview im ISUV-Report Nr. 155, Seite 13 ff. sowie Merkblatt Nr. 22 des Verbandes zum gesamten Volljährigenunterhalt einschließlich des Problems des Übergangs vom Minderjährigenunterhalt zum Volljährigenunterhalt.

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