Pfändungsschutz
BGH, Beschluss vom 10.03.2021 – Az. VII ZB 24/20 – §§ 850k Abs. 4, 851 ZPO
- Bei der Corona-Soforthilfe (Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ und ergänzendes Landesprogramm z. B. „NRW-Soforthilfe 2020“) handelt es sich um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung.
- Im Hinblick auf die Verwirklichung der mit dieser Soforthilfe verbundenen Zweckhilfe ist in Höhe des bewilligten und auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gutgeschriebenen Betrags der Pfändungsfreibetrag in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO zu erhöhen.
Im zugrunde liegenden Fall hat ein Gläubiger gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Forderung betrieben. Insoweit war und ist es nicht von Bedeutung, ob es sich bei den titulierten Forderungen um Unterhaltsrückstände handelt oder nicht. Der Schuldner hatte ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto bei seiner Bank, der Gläubiger hat in die „Corona-Hilfen“, die auf diesem Pfändungsschutzkonto eingegangen waren, hineingepfändet. Die Bewilligung der Corona-Hilfen erfolgte mit der Zweckbindung, dass diese ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens/Selbständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erfolgen. In diesen Bescheiden ist auch festgehalten, dass mit Kreditlinien des kontoführenden Kreditinstitutes nicht aufgerechnet werden darf und dass ein Rückforderungsanspruch besteht, wenn die Sofort-Hilfe nicht zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz/Ausgleich Liquiditätsengpass benötigt wird.
Der Schuldner und Kontoinhaber hat beim Vollstreckungsgericht beantragt, dass die Bank ihm den Sofort-Hilfe-Betrag von 9000 € auszubezahlen hat, was die Bank jedoch verweigert hat. Das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – hat den pfändungsfreien Betrag um 9000 € erhöht und somit eine Auszahlung an den Vollstreckungsgläubiger verhindert. Hiergegen hat der Gläubiger die sofortige Beschwerde eingelegt, die das OLG zurückgewiesen hat. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.
Der BGH hat sich letztendlich im Ergebnis der Entscheidung des OLG angeschlossen und somit ein „Pfändungsverbot“ für Altverbindlichkeiten bezüglich der Corona-Soforthilfen bestätigt. Der BGH bestätigt, dass es sich bei Corona-Soforthilfen und auch bei anderweitigen Soforthilfen oder auch Überbrückungshilfen um zweckgebundene Leistungen handelt und an der Quelle (beim Staat) unpfändbar sind. Diese Unpfändbarkeit erlischt jedoch grundsätzlich im Zeitpunkt der Gutschrift dieser Sonderzahlung auf einem Konto des Schuldners. Handelt es sich hierbei um ein Pfändungsschutzkonto, ist jedoch in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO der gutgeschriebene Betrag aus der Soforthilfe dadurch pfändungsfrei zu stellen, indem abweichend von den normalen Bestimmungen der Pfändungsfreibetrag hochzusetzen ist. Mag der Gesetzgeber eine solche Soforthilfe in dem Katalog der §§ 850a ff. ZPO nicht vorgesehen haben, so ist diese Lücke zu schließen, weil das Gesetz insoweit planwidrig unvollständig ist. Die Soforthilfe ist letztendlich vergleichbar mit einer Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes, sodass auch bei der Corona-Soforthilfe der Pfändungsfreibetrag entsprechend zu erhöhen ist (so schon AG Zeitz, Beschluss vom 02.09.2020, Az. 14 M 222/20, LG Köln, Beschluss vom 23.04.2020, Az. 39 T 57/20; BFH, Entscheidung vom 09.07.2020, Az. VII S 23/20).
Wäre die staatliche Hilfe auf ein „normales“ Konto geflossen, hätte eine Pfändungsmöglichkeit bestanden, da für diese Regelungen die §§ 850a ff. keine Anwendung finden. Diese Rechtsprechung ist wohl auch auf die Corona-Prämien/Überbrückungshilfen Ende des Jahres 2020/Anfang 2021 anzuwenden, ebenso auch auf den sogenannten Pflegebonus/Kinderbonus wegen der Zweckgebundenheit.
Masken- und Testpflicht für Kinder an Schulen
AG Weimar, Beschluss vom 08.04.2021 – Az. 9 F 148/21 – und AG Weilheim, Beschluss vom 13.04.2021 – Az. 2 F 192/21 – § 1666 BGB
NZFam 2021, Seite 419
Ein Familienrichter in Weimar hat mit einem ausführlichen Beschluss (ca. 170 Seiten) die öffentlich-rechtliche Bestimmung zu Maskenpflicht und Coronatestpflicht an zwei Schulen aus Gründen des Kindeswohles aufgehoben. Das Gericht geht von einer Verfassungswidrigkeit aus und bewertet die Maskenpflicht während des Schulunterrichts als unzulässigen, die Gesundheit gefährdenden, Eingriff in die körperliche Integrität der Kinder. Vorausgegangen war die Einleitung eines Kinderschutzverfahrens gemäß § 1666 BGB, wonach das Familiengericht Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern treffen kann, in Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen mit Wirkung gegen Dritte. Das Familiengericht hatte zunächst in einem Hauptsacheverfahren sachverständig klären lassen, ob die in Schulen verordnete Maskenpflicht für Kinder schädliche Auswirkungen auf deren Gesundheit hat. Nach Eingang des Gutachtens hat das Familiengericht Weimar dann per einstweiliger Anordnung den Schulen bzw. Lehrern untersagt, die Kinder in der Schule zum Maskentragen/Testpflicht zu zwingen. Ähnlich hat das AG Weilheim entschieden
Gegen diese beiden Entscheidungen wurde von Seiten der Behörden „Sturm gelaufen“. Viele andere Amtsgerichte haben entsprechende Anträge, die bei Gericht eingegangen sind, nicht weiterverfolgt und auch kein Verfahren eingeleitet, da – ungeachtet der Frage der Zuständigkeit der Familiengerichte – jedenfalls keine konkreten Kindswohlgefährdungen ersichtlich seien. Sowohl die Weimarer Staatsanwaltschaft als auch die Weilheimer Staatsanwaltschaft prüft Anzeigen gegen den/die Richter/in wegen Rechtsbeugung.
In chronologischer Reihenfolge hat dann das Verwaltungsgericht Weimar (Beschluss vom 20.04.2021, Az. 8 E 416/21) die Entscheidung des AG Weimar (Familiengericht) als offensichtlich rechtswidrig eingestuft und darauf verwiesen, dass das Familiengericht keine Befugnis hat, Anordnungen gegenüber Behörden zu treffen und insoweit Behörden auch keine „Dritte“ im Sinne des § 1666 Abs. 4 BGB sind. Die gerichtliche Kontrolle von Behörden und Schulen obliegt ausschließlich den Verwaltungsgerichten. Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht die Maskenpflicht im Unterricht bestätigt und einen dahingehenden Eilantrag abgelehnt. Es bestünden keine durchgreifenden gesundheitlichen Bedenken, es gäbe auch keine wissenschaftlich fundierten Quellen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu entschieden, weil dieselben Antragsteller, die auch Antragsteller im Verfahren des AG Weimar sind, Az, 9 F 148/21, parallel am Verwaltungsgericht entsprechenden Antrag gestellt hatten. Auch das OLG Frankfurt a. M. hat mit Beschluss vom 05.05.2021, Az. 4 UF 90/21 entschieden, dass das Familiengericht nicht für die Prüfung von Corona-Maßnahmen an Schulen zuständig ist. Zuständig sind ausschließlich die Verwaltungsgerichte.
Auch alle anderen Gerichte haben die Corona-Regelungen für Schulunterricht für verfassungsgemäß gehalten und die jeweiligen Verordnungen bestätigt:
- OVG Magdeburg, Beschluss vom 16.04.2021, Az. 3 R 94/21 (Ausschluss vom Präsenzunterricht bei fehlender Schnelltesteinwilligung)
- OVG Lüneburg, Beschluss vom 19.04.2021, Az. 13 MN 192/21 (Schulbetretungsverbot bei Verweigerung von Coronaschnelltest)
- BayVerfGH, Entscheidung vom 22.04.2021, Az. Vf. 26 – VII – 21 (Bestätigung Testpflicht an Schulen und Ablehnung auf Außervollzugsetzung der betreffenden Verordnung)
- VGH Mannheim, Beschluss vom 29.04.2021, Az. 1 S 1204/21 (Ablehnung von Eilanträgen gegen die angeordnete Testpflicht an Schulen wegen Unbegründetheit und in diesem Fall auch wegen Unzulässigkeit, da die antragsstellende Kindsmutter nicht Adressatin der Testpflicht ist; abgelehnt wurde auch ein Antrag einer Lehrerin im Verfahren 1 S 1340/21)
- OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.04.2021, Az. 20 WF 70/21 (Ein Familiengericht kann selbst entscheiden, ob überhaupt ein Verfahren nach § 1666 BGB eingeleitet werden kann oder darf. Gibt es hierfür keinen Grund, kann das Familiengericht die Angelegenheit selbst beendet, es bedarf keiner Abgabe an das Verwaltungsgericht.)
- VG Münster, Beschluss vom 03.05.2021, Az. 5 L 276/21 (Verpflichtung von Lehrern bei Anwendung von Selbsttests die Schüler anzuleiten und zu beaufsichtigen)
- OVG Schleswig, 3 MB 23/21 und 3 MB 25/21 (Verpflichtung eines Coronatests für Teilnahme am Präsenzunterricht rechtmäßig)
- VerfG Brandenburg, Beschluss vom 05.05.2021, Az. 8/21 EA (Eilantrag gegen Testpflicht an Schulen zurückgewiesen – Grundrechtseingriffe sind hinzunehmen.)
- VG Ansbach, Urteil vom 12.05.2021, Az. An 2 K 21.00257 (Schüler, die dem Präsenzunterricht unentschuldigt fernbleiben, müssen ein amtsärztliches Attest vorlegen, wenn ernsthafte Zweifel am Bestehen einer Erkrankung vorliegen. Dies gilt insbesondere, wenn sie oder ihre Eltern als Gegner der schulischen Maskenpflicht bekannt sind.)
- AG Garmisch-Partenkirchen, Beschluss vom 03.05.2021, Az. 1 F 128/21 und 1 F 125/21: Dem Familiengericht fehlt jede Kompetenz, nach § 1666 Abs. 4 BGB Anordnungen gegenüber Schulbehörden zu treffen. Wer – Eltern – durch ins Internet gestellte Musteranträge veranlasst, wegen der Maskenpflicht wegen Gefährdung des Kindeswohles beim Familiengericht Verfahren einzuleiten, handelt grob schuldhaft, ihm können daher die Kosten des familiengerichtlichen Verfahrens auferlegt werden. Wie alle hier zitierten Entscheidungen, reiht sich diese in eine Reihe von Beschlüssen, mit denen offenbar Gerichte ein Zeichen gegen die Überflutung mit Kindsschutzverfahren setzen wollen. So hat das AG Wittenberg (Beschluss vom 08.04.2021, Az. 5 F 140/21) den Gebrauch einer Mustervorlage zum Anlass genommen, die Erziehungseignung und Erziehungsfähigkeit des Sorgeberechtigten zu überprüfen. Das AG Leipzig (Beschluss vom 15.04.2021/16.04.2021, Az. 335 F 1187/21) hat einen Verfahrenswert, der eigentlich in solchen Verfahren zwischen 2000 € (Eilverfahren) und 4000 € (Hauptsacheverfahren) liegt, auf astronomische 1,4 Millionen €, später korrigiert auf 500.000 € festgesetzt, mit der Begründung, dass eben nicht nur eine Person (Antragsteller) von der Tragkraft einer solchen Entscheidung betroffen ist. Hier will man offensichtlich den Internetaufrufen zur massenhaften Verfahrensanregung wirksame Contrapunkte entgegensetzen. Keuter in NZFam 2021, Seite 512, warnt jedoch vor einem „Kreativitätswettbewerb“, der am Ende den Kritikern der Corona-Maßnahmen das unzutreffende Argument liefert, sie sollten mundtot gemacht werden.
- OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.04.2021, Az. 9 WF 342/21 und 9 WF 343/21 (Für die gerichtliche Überprüfung coronabedingter Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung (hier: Maskenpflicht, Testpflicht etc.) besteht keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. § 1666 Abs. 4 BGB erfasst nicht Maßnahmen gegenüber den Trägern der staatlichen Gewalt.)
- LVerfG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.05.2021, Az. LVG 21/21 (Präsenzunterricht darf an Corona-Testungen gekoppelt werden, Testregelung ist durch Infektionsschutz gerechtfertigt.)
Zwischenzeitlich hat das OLG Jena mit Beschluss vom 14.05.2021, Az. 1 UF 136/21, die Entscheidung des AG Weimar aufgehoben. Das OLG hat den Rechtsweg zum Familiengericht für unzulässig erklärt, es besteht keine Anordnungskompetenz gegenüber staatlichen Behörden etc., derartiges ergibt sich auch nicht aus § 1666 Abs. 4 BGB. Der Freistaat Thüringen hat gegen die Entscheidung des AG Weimar Beschwerde eingelegt, und zwar ohne Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 54 Abs. 2 FamFG, sondern als sofortige Beschwerde als auch als außerordentliche Beschwerde. Das OLG hat zwar das Recht zu einer außerordentlichen Beschwerde mit Überspringen des Antrags auf mündliche Verhandlung abgelehnt, jedoch der Beschwerde als sofortige Beschwerde stattgegeben. Dies wegen des fehlenden Beschlusses des Amtsgerichtes im Vorfeld über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu entscheiden. Einzelheiten der dogmatischen juristischen Zulässigkeitsfragen sind an dieser Stelle nicht von Bedeutung, letztendlich hat das OLG Jena den berühmt-berüchtigten Beschluss des AG Weimar zur Maskenpflicht und zum Präsenzunterricht aufgehoben (NZFam 2021, Seite 555). Letztendlich hat das OLG Jena so entschieden, wie zu erwarten stand und letztendlich auch bis zum Verfassen dieses Artikels sämtliche anderen Obergerichte entschieden hatten. Es verbleibt die Hoffnung, dass mit Erscheinen dieser Urteilsbesprechung die Brisanz derartiger Fragen nicht mehr so hoch ist.
Elterliche Sorge und Umgangsrecht
AG Marl, Beschluss vom 29.12.2020 – Az. 36 F 347/20 – § 1687 BGB
NZFam 2021, Seite 272/FamRZ 2021, Seite 761
Corona-Tests bei Kindern gehören zur Alltagszuständigkeit des jeweils betreuenden Elternteiles. Getrennt lebende Eltern dürfen bei der Abwägung zwischen Infektionsschutz und Kindeswohl unterschiedliche Auffassungen haben und in ihrer Betreuungszeit umsetzen.
Der getrennt lebende mitsorgeberechtigte Vater von zwei Kindern lebt mit seinem eigenen Vater zusammen, der zu einer Corona-Hochrisikogruppe gehört. Die Kinder pflegen regelmäßigen Umgang mit ihrem Vater, zum Schutz des Großvaters testet er zu jedem Umgang die beiden Kinder durch eine Ärztin, zudem müssen die Kinder im Haushalt Masken tragen und Abstand halten. Der Vater selbst hatte versucht die Kinder aus der Schulnotbetreuung herauszunehmen (zum Schutz des Großvaters). Das Familiengericht sah bereits in der Entscheidung der Mutter, die Kinder in die Notbetreuung zu geben, eine Angelegenheit des täglichen Lebens, über die die Mutter alleine entscheiden durfte. Jetzt versucht die Mutter den Umgang mit dem Vater komplett auszusetzen, da der Umgang mit ständigen Corona-Tests und Maske nicht kindeswohlgerecht sei.
Das Amtsgericht hält die Corona-Testung ebenso für eine Angelegenheit des täglichen Lebens, sodass auch hier der Vater im Rahmen seines Umgangs hierüber frei entscheiden kann. Tests werden auch anlasslos für Urlaubsreisen durchgeführt, Zudem erfolgt die Testung dem anzuerkennenden Zweck, den Großvater zu schützen. Ein solcher Testabstrich ist den Kindern zumutbar, es handelt sich auch nicht um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit (Körperverletzung). Das Gericht führt näher aus, dass ebenso ein Test sicherlich keine Schmerzen verursacht. Selbiges gilt insgesamt auch für das Tragen der Masken.
In die gleiche Richtung gehen auch andere Entscheidungen (z. B. OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.03.2020, Az. 13 UFH 2/20), wonach es keiner Gerichtsentscheidung dazu bedarf, welchen Corona-Infektionsschutz der jeweils andere im Rahmen der Betreuung seiner Kinder zu beachten habe. Dazu sind die staatlichen Bußgeldvorschriften ausreichend und im Übrigen verbleibt es bei dem Grundsatz gemäß § 1687 BGB, wonach jeder Elternteil in seiner Zeit mit dem Kind alle Entscheidungen treffen kann, die den anderen nicht betreffen (Alltagsangelegenheiten). Grenzen sind nur durch § 1666 BGB (Kindeswohlgefährdung) gesetzt, dann auch Umgangsregelung einschließlich eventueller Auflagen möglich (§ 1684 Abs. 3 BGB).
Die Corona-Pandemie führt nicht dazu, dass die getrennt lebenden Eltern sich gegenseitig im Rahmen ihrer Umgangszeiten „gängeln“ können. Bedauerlicherweise meinen streitsüchtige Eltern auf der Spielwiese „Corona-Pandemie“ ihre Grenzen neue definieren zu wollen. So hat z. B. auch völlig unabhängig von umgangsrechtlichen Fragen eine Mutter nach einer vom Gesundheitsamt durchgeführten Corona-Schnelltestung in der Schulklasse ihres Kindes eine Anklage wegen Körperverletzung erzwingen wollen. Das OLG Oldenburg (Beschluss vom 10.05.2021, Az. 1 WS 141/21) erteilte diesem Ansinnen jedoch mangels hinreichendem Tatverdacht eine Absage. Die Mutter hatte ein Attest einer Allgemeinärztin vorgelegt, wonach ihr Kind durch diese Testung unter anderem eine schwere psychische Traumatisierung erlitten haben soll. Eine Strafverfolgung wurde abgelehnt, da ein Test insgesamt verhältnismäßig ist und den Tatbestand einer Körperverletzung nicht erfülle. Der Beweiswert des Attestes der Mutter wurde in Frage gestellt, insbesondere, dass eine Ärztin in einem einzigen Termin die Diagnose einer schweren psychischen Traumatisierung habe stellen können. Nach Auffassung des OLG Oldenburg ergibt sich vielmehr der Anfangsverdacht des Ausstellens eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses gemäß § 278 StGB. Ob ein Ermittlungsverfahren gegen die Ärztin eingeleitet wird, bliebe abzuwarten.
Auch an dieser Entscheidung sieht man, welche „Blüten“ die Corona-Pandemie hervorbringt.
AG Mainz, Beschluss vom 04.05.2021 – Az. 34 F 126/21 – § 1628 BGB
NZFam 2021, Seite 563
Die Teilnahme eines schulpflichtigen Kindes am Präsenzunterricht ist geeignet, nachhaltig Einfluss auf die schulische und seelische Entwicklung eines Kindes zu nehmen, vor allem nach längerem pandemie-bedingtem Distanzunterricht. Entscheidungen über die Teilnahme an COVID-19-Tests sind dann von erheblicher Bedeutung i. S. § 1628 BGB, wenn das Veto eines Elternteils das Kind von Präsenzunterricht ausschließt.
Die Schule hatte bei einer Viertklässlerin, die bei der Mutter lebt, aufgrund der staatlichen Verordnung CORONA-Schnelltests zur Teilnahme am Präsenzunterricht die Unterschrift beider sorgeberechtigter Elternteile verlangt. Der Vater hat verweigert. Die Mutter hat im Eilverfahren die Alleinentscheidungsbefugnis über die Teilnahme am Testverfahren beantragt. Das Familiengericht hat der Mutter die Alleinentscheidungsbefugnis übertragen, da es sich hierbei um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i. S. vom § 1628 BGB handelt. Das Amtsgericht konnte keine Gesundheitsgefahren erkennen, dass es diese Maßnahme nicht als Alltagsangelegenheit eingeordnet hat – wie das AG Marl (siehe oben) -, hängt mit dem Zweck des Tests zusammen. Wenn das AG Marl COVID-19-Tests als Alltagangelegenheit und das AG Mainz als erhebliche Angelegenheit eingeordnet hat (ebenso AG Dresden, Beschluss vom 13.04.2021, Az. 310 F 879/21), so liegt das am unterschiedlichen Anlass und Zweck der Testung.
Beim AG Marl ging es dem umgangsberechtigten Vater darum, während seiner Betreuungszeit „freiwillig“ zu testen und die Mutter wollte den Umgang untersagen. Hier hat das AG entschieden, dass bei solchen freiwilligen Tests jeder Elternteil im Rahmen seiner Alltagzuständigkeit dies entscheiden kann und darf. Im Fall des AG Mainz hatte die Entscheidung zu den Corona-Tests eine Ausstrahlung in den Bereich außerhalb der eigenen Betreuungszeit (Entwicklung des Kindes im Rahmen des Präsenzunterrichts), sodass es sich in diesem Fall um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung gehandelt hat und somit eine Entscheidung nach § 1628 BGB geboten war.
OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.04.2021 – Az. 10 UF 72/21 – § 1684 BGB
NZFam 2021, Seite 562
Umgangskontakte können nicht davon abhängig gemacht werden, dass die umgangsberichtigte Person gegen das Corona-Virus geimpft ist, unter bestimmten Voraussetzungen können Umgangskontakte davon abhängig gemacht werden, dass der Umgangsberechtigte sich eines COVID-19-Schnelltests unterzieht (mit negativem Ausgang).
Das Familiengericht hat bei der Festlegung eines begleiteten Umgangs eine Verpflichtung zur vorherigen Testung des Umgangsberechtigten verneint. Diese würde den Umgangsberechtigten in seinem verfassungsgemäß gewährleisteten Recht auf Umgang einschränken. Hiergegen wurde zum OLG Beschwerde eingelegt auch mit der Begründung, der Umgangsberechtigte hätte aufgrund der beruflichen Tätigkeit eine Vielzahl von Kontakten, sodass eine massive Ansteckungsgefahr bestünde. Zudem würden die Kinder es wollen, dass der Umgangsberechtigte geimpft ist. In der Verhandlung hat der Umgangsberechtigte erklärt, dass er bereit sei einen PCR-Test oder Schnelltest vorzunehmen. Trotz Anregung des OLG, deshalb die Beschwerde doch zurückzunehmen, wurde nunmehr auch beantragt, dass eine Impfung erforderlich sei.
Das OLG hat in diesem Fall eine Impfpflicht ausdrücklich abgelehnt, jedoch eine Verpflichtung ausgesprochen, vor jedem Umgang einen Corona-Test durchzuführen. Das OLG weist ausdrücklich darauf hin, dass die Corona-Pandemie ohne Hinzutreten konkreter gefahrerhöhender Umstände es nicht rechtfertigt, den Umgang zu beschränken oder gar auszusetzen. Das allgemeine Risiko des Arbeitens als Lagerarbeiter reicht dafür auch nicht aus. Es besteht auch keine Verpflichtung einer Testung quasi „auf Vorrat“. Da sich der Umgangsberechtigte jedoch freiwillig bereiterklärt hat sich einer Testung zu unterziehen, erfolgte ein solcher Beschluss. Eine Schutzimpfung kann in keinem Fall verlangt werden. Es bestehe schon keine generelle Impfpflicht.
Auch dieser Fall bewertet den offenkundigen Versuch eines umgangsunwilligen Elternteils, die Corona-Pandemie dafür zu missbrauchen, den Kindesumgang zu hintertreiben. Auch das OLG Braunschweig (NZFam 2020, Seite 598) hatte schon unmissverständlich klargestellt, dass auch das Verlangen einer Testung grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn typische COVID-Symptome vorhanden sind oder bereits Kontakt mit einer erkrankten Person im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Umgang vorlag. Das OLG hat auch darauf verwiesen, dass aufgrund der Impfstoffknappheit ein Verlangen auf Impfung de facto auf einen Umgangsausschluss hinauslaufen würde, was so nicht geboten ist. Ob Gerichte anders entscheiden, wenn alle Impfwilligen ein Impfangebot haben, bleibt abzuwarten. Ohne Impfpflicht erscheint jedoch eine Abhängigkeit zwischen Umgang und Impfung nach diesseitiger Auffassung nicht möglich. Anderenfalls würde der Umgang zu einer indirekten Impfpflicht führen, dem ist eine Absage zu erteilen.
Unterhaltsrecht
AG Pankow/Weißensee, Beschluss vom 08.12.2020 – Az. 13 F 6681/18 – §§ 1361, 1528 BGB
FamRZ 2021, Seite 423
- Tritt bei einem Selbständigen eine – kurzfristige – Minderung der Leistungsfähigkeit ein, so ist diese unbeachtlich, wenn sie vorhersehbar war und für ihre Dauer eine Vorsorge in Form von Rücklagen gebildet werden konnte.
- Diese Voraussetzungen können im Hinblick auf die Corona-Pandemie nicht angenommen werden. Eine aktuell bestehende Leistungsunfähigkeit aufgrund der Corona-Krise ist in der Weise zu berücksichtigen, dass vorläufig kein Unterhalt geschuldet wird.
Auf der Grundlage von Einkünften i. H. v. ca. 3000 € netto wurde der Unterhaltsschuldner Anfang 2019 verpflichtet, einen Unterhalt i. H. v. ca. 1000 € zu bezahlen. Der Unterhaltsverpflichtete ist/war selbständiger Gastronom (einschließlich Catering), die Unterhaltsberechtigte ist nach wie vor nicht erwerbstätig. Der Unterhaltsschuldner trägt vor, dass letztendlich sein Geschäft mit Beginn März 2020 zum Erliegen gekommen ist, er monatliche Verluste von mehr als 25.000 € erwirtschaftet und seine Ersparnisse aufgebraucht hat. Mit seinen 60 Jahren hätte er keine Möglichkeit mehr in ein Angestelltenverhältnis zu gehen. Er begehrt ab dem 01.09.2020 keinen Unterhalt mehr leisten zu müssen. Die Unterhalsberechtigte verweist darauf, dass der Durchschnitt der letzten drei Jahre zu errechnen sei und nicht kurz zurückliegende Einkommenszahlen. Gewinnschwankungen sind einzukalkulieren, Rücklagen zu bilden oder Kredite aufzunehmen (so auch Niepmann, Unterhalt in den Zeiten von Corona, NZFam 2020, Seite 383).
Das Amtsgericht hat in dem hiesigen einstweiligen Anordnungsverfahren darauf verwiesen, dass die Pandemie nicht vorhersehbar war. Es mag sein, dass für ein paar Monate die Einschränkung der Leistungsfähigkeit noch nicht zu beachten ist, dies auch wegen staatlicher Hilfen. Gastronomie/Catering lägen jedoch brach (Entscheidung aus Dezember 2020). Daher ist nach Auffassung des Amtsgerichtes die gegenwärtige Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben. Bei einem zugrunde gelegten Einkommen von damals 3000 € besteht auch keine Möglichkeit der Rücklagenbildung. Im einstweiligen Anordnungsverfahren wurde daher dem Antrag stattgegeben, im Hauptsacheverfahren wird dann zu klären sein, wie sich der Ausfall der Einkünfte tatsächlich ausgewirkt hat (unter Berücksichtigung von Corona-Hilfen etc.).
AG Bergheim, Beschluss vom 12.10.2020 – Az. 61 F 68/20 – §§ 1601, 1612b BGB
FamRZ 2021, Seite 102
Der sogenannte Kinderbonus (Corona-Bonus für Kinder) ist wie das Kindergeld hälftig zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden.
Im September 2020 wurde ein Kinderbonus von 200 €, im Oktober 2020 in Höhe von 100 € und im Mai 2021 in Höhe von 150 € an den Kindergeldberechtigten ausbezahlt.
Der Barbedarf eines Kindes wird neben dem hälftigen Kindergeld auch durch den Kinderbonus hälftig gedeckt. Der Kinderbonus ist auf den Barunterhalt zur Hälfte anzurechnen. Dies gilt in seinem Grundsatz sofern zumindest der Mindestunterhalt vom Unterhaltspflichtigen bezahlt wird. Soweit ein gerichtlicher Unterhaltsvergleich oder ein Unterhaltstitel i. S. des § 239 Abs. 1 FamFG (Jugendamtsurkunde) vorliegt, kann auch rückwirkend eine Abänderung beantragt werden, da die sogenannte Rückschlagsperre des § 238 Abs. 3 Satz 1 FamFG nicht eingreift (BGH, FamRZ 2017, Seite 611). Liegt hingegen ein Endbeschluss zum Unterhalt vor und wurde ein Abänderungsantrag nicht in dem Monat gestellt, in dem der Bonus zur Auszahlung kam, oder wurde nicht nach § 218 Abs. 3 Satz 3 FamFG (außergerichtliche Aufforderung auf hälftige Anrechnung des halben Bonus und Aufforderung, in dieser Höhe auf die Unterhaltszahlungen zu verzichten) die Voraussetzung für die Abänderung geschaffen, ist es umstritten, ob ein nachträglicher Ausgleich (hälftige Anrechnung) über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch verlangen kann. Zuviel gezahlter Unterhalt kann grundsätzlich nur zurückverlangt werden ab Stellung eines Abänderungsantrages. Da es vorliegend jedoch um eine gesetzgeberische Entlastung im Rahmen der Betreuung und Erziehung gemeinsamer Kinder geht, ist in Höhe des hälftigen Betrages beim Kinderbonus ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch anzuerkennen (Borth, FamRZ 2021, Seite 104).
Zu beachten ist jedoch immer, dass rückwirkend die hälftige Berücksichtigung nur dann noch bei einem zugrundeliegenden Endbeschluss/Urteils eines Gerichts möglich ist, wenn die negativen Verzugsvoraussetzungen (siehe oben) geschaffen wurden. Erfolgte das nicht, wird man rückwirkend den hälftigen Kinderbonus auch nicht mehr geltend machen können. Bei zugrundeliegenden gerichtlichen Vergleichen oder einer Jugendamtsurkunde oder keiner Titulierung hingegen schon. Das einfachste wäre immer gewesen, direkt bei der Monatszahlung des Unterhalts den hälftigen Kinderbonus abzuziehen, oder noch besser im Vorfeld die Gegenseite aufzufordern, diesbezüglich auf die Zahlung des Kindesunterhaltes für den entsprechenden Monat zu verzichten, zumindest im Vorfeld die Kürzung anzukündigen.
Wenn also ein Urteil/Beschluss die Grundlage der Unterhaltszahlung ist, kann ohne vorherige Aufforderung zum Teilverzicht im Nachhinein eine Rückzahlung oder die Kürzung eines nachfolgenden Monatsunterhaltes nicht verlangt werden. Ob über den von Borth favorisierten Ausgleichsanspruch die Rückschlagsperre des § 238 Abs. 3 FamFG ausgehebelt werden kann, ist zumindest fraglich.
BGH – ohne Corona
Ehewohnung
BGH, Beschluss vom 10.03.2021 – Az. XII ZB 243/20 – §§ 985, 1568a BGB; §§ 200, 266 FamFG
(FamRZ 2021, Heft 11)
- Solange der Anwendungsbereich des § 1568a BGB und damit das Ehewohnungsverfahren nach § 200 FamFG eröffnet ist, ist ein Herausgabeanspruch aus dem Eigentum gemäß § 985 BGB als sogenannte sonstige Familiensache i. S. des § 266 FamFG auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht zulässigerweise durchsetzbar.
- Der Anwendungsbereich des § 1568a BGB und auch der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung gemäß § 1568a Abs. 1 und Abs. 2 BGB erlischt ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist.
Der Ex-Ehemann verlangt von der Ex-Ehefrau, von der er seit Dezember 2015 rechtskräftig geschieden ist, die Herausgabe einer in seinem Alleineigentum stehenden Wohnung (§ 985 BGB). Die Ex-Ehefrau lebt in dieser Wohnung seit der Trennung im Jahr 2014, sie zahlt weder Miete noch Nutzungsentschädigung. Der Mann hatte schon mal im Jahr 2017 einen Herausgabeantrag auf § 985 BGB gestützt, was ihm das Amtsgericht verwehrt hat, mit dem Hinweis, dass nur eine sogenannte Ehewohnungszuweisungssache in Betracht käme. Nachfolgend hat er dann eine solche Ehewohnungssache gemäß § 200 FamFG eingeleitet. Das Amtsgericht hat zwar dann die Herausgabe der Wohnung an den Mann angeordnet, woraufhin das OLG die Entscheidung wiederum aufgehoben hat, mit dem Hinweis, dass nach seiner Rechtsauffassung gerade diese Verfahrensart entgegen des Amtsgerichtes für unzulässig erachtet, weil die Jahresfrist des § 1568a Abs. 6 BGB (ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung) verstrichen sei. Daraufhin hat der Mann erneut einen Herausgabeantrag nach § 985 BGB gestellt, wie er ihn eigentlich schon im Jahr 2017 gestellt hatte. Das Amtsgericht hat jetzt dem Herausgabeantrag stattgegeben. Hiergegen hat jetzt die Ex-Ehefrau Beschwerde zum OLG eingelegt, jedoch im Hinblick auf die vorherige OLG-Entscheidung folgerichtig ohne Erfolg. Die zugelassene und von der Ex-Ehefrau eingelegte Rechtsbeschwerde zum BGH hatte keinen Erfolg. Der BGH hat die Rechtsauffassung bestätigt, wonach unabhängig von Eigentumsverhältnissen der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung erlischt und das auf das Eigentum gestützte Herausgabeverlangen gemäß § 985 BGB begründet ist.
Der Mann hatte hier offensichtlich eine „Verfahrens-Odyssee“, in der die zahlreichen Juristen sich offensichtlich nicht einig waren, welcher Verfahrensweg denn überhaupt der richtige ist und wie § 1568a BGB in der Summe auszulegen ist. Umso erfreulicher, dass nicht nur eine Rechtsbeschwerde zugelassen wurde, sondern der BGH auch die Gelegenheit hatte, diese Fragen zu beantworten:
- Ob es sich um eine Ehewohnung handelt, ist nach der Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung zu beurteilen. Der Anwendungsbereich des § 1568a BGB ist immer dann eröffnet, wenn es sich bei den Räumen auch während des Getrenntlebens um die Ehewohnung gehandelt hat (BGH, FamRZ 2017, Seite 22).
- Eine Ehewohnungssache muss nicht zwingend im Scheidungsverbund geltend gemacht werden, sondern kann auch erst nach Rechtskraft der Scheidung anhängig gemacht werden.
- § 1568a Abs. 6 BGB normiert, dass bei Mietverhältnissen mit Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung die Gestaltungsmöglichkeiten auf Eintritt in eine Mietverhältnis oder auf die Begründung eines solchen Mietverhältnisses erlöschen. Diese Sperrwirkung ist ebenso gültig für den Überlassungsanspruch gemäß § 1568a Abs.1/2 BGB und kann daher vom Nichteigentümer nach Ablauf eines Jahres nicht mehr geltend gemacht werden.
- Ein auf § 985 BGB gestütztes Herausgabeverlangen des Eigentümers ist daher grundsätzlich begründet.
Der BGH hat sich für Rechtsklarheit entschieden, wonach mit Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung nur noch die Eigentumsverhältnisse eine Rolle spielen. Auch Belange des Kindeswohles sind insoweit unbeachtlich, weil der Zeitraum von einem Jahr ab Rechtskraft der Scheidung jedenfalls ausreichend ist, um noch eine Wohnungsüberlassung i. S. des § 1568a BGB zu beantragen. Wer dies versäumt kann sich auf Billigkeitsgründe oder Kindeswohlgründe nicht mehr berufen. Da der Ex-Ehefrau auch aus anderen Gründen ein Recht zum Besitz an der Wohnung nicht zustand (etwa eine sonstige Vereinbarung zwischen den Beteiligten auf Nutzung der Wohnung), hat der BGH die Verpflichtung zur Herausgabe an den Mann/Eigentümer bestätigt.